Donnerstag, 26. November 2015

Von meiner Schule

Hey da draußen,

heute möchte ich euch mal ein wenig über meine Schule berichten - Liceo Ramon Freire Serrano.
Wie in Deutschland gibt es Grundschule und Oberschule. Jedoch verbringt man acht Jahre in der ersten Schule und nur 4 in der Oberschule. Diese letzten Jahre werden wieder mit 1. - 4. bezeichnet. Ich gehe in die 11. Klasse, also hier die 3. Ausserdem kann man an der Oberschule zwischen bestimmten Lehrzweigen wählen. Ich gehe mit meiner gleichaltrigen Gastschwester in eine Klasse mit der Humanistischen Richtung - 3. HC (Humanistico Cientifico) ist die richtige Bezeichnung für meine Klasse. Wir haben neben den obligatorischen Fächern wie Mathematik und Sprache nochmal einen extra Literaturkurs, Philosophie und zwei unterschiedliche Geschichtskurse. Ansonsten haben wir noch Chemie, Physik, Sport, Englisch, Biologie, Musik und Algebra. Die erste Stunde beginnt um 8:30 Uhr,  also für mich eine halbe Stunde später als sonst, und endet in der Regel um 17 Uhr. Alle 90 Minuten - jede Stunde hat 45 min und ist meistens im Block - haben wir 15 Minuten Pause und um halb 2 gibt es eine einstündige Pause, in der die Schüler entweder nach Hause gehen können, oder in der Schule Mittag essen können. Da wir nur 5 min von Zuhause bis zur Schule brauchen, gehen wir immer in dieser Pause zum Essen Heim.

Unsere Turnhalle. Links sind noch die Umkleidekabinen und der Ausgang.

Unsere Schule hat eine sehr ungewöhnliche Architektur. Zwei Stockwerke liegen über - und zwei unterschiedliche der Erde. An den Gängen kann man runter in den Hof gucken, welcher von den drei Seiten der Gebäude eingerahmt wird.

Abgesehen von der großen Pause, sind die Tore die Schule während der Schulzeit immer verschlossen, sodass man eine Genehmigung des Schulleiters braucht oder von den Eltern abgeholt werden muss, um die Schule abseits der Pause verlassen zu können. Für das Tor haben wir an unserer Schule ungefähr 5 Männer und Frauen die es auf und zu schließen, wenn man zu spät kommt oder für die restlichen Schüler bei Schulschluss oder der großen Pause. Zu diesen hegen die meisten ein freundschaftliches Verhältnis. Die Schüler werden von ihnen oft mit hijo/hija  (Sohn/Tochter) betitelt und selbst bezeichnen wir sie mit tio/tia  (Onkel/Tante). Auch zu den Lehrern wird ein enges Verhältnis gepflegt. Ich hab nicht schlecht gestaunt, als sich an meinen ersten Schultag einige Lehrer und Schüler herzlich umarmten, da Ferien waren und sie sich nicht gesehen hatten. Es ist komplett normal die Nummer des Mathelehrers zu haben und in der Pause mit dem Direktor zu quatschen - am ersten Tag machte er sogar ein Selfie mit mir. Auch zwischen den Klassenstufen herrschen weder Hierarchien oder ähnliches. Ich kann nicht mal sagen wer eine Stufe unter oder über mir ist, oder gar, wer mit wem in eine Klasse geht, da alle irgendwie miteinander befreundet sind und die Grenzen verschwimmen.
Der Unterricht ist entspannt, da das Prinzip des Meldens nicht existiert und es keine Mitarbeitsnoten gibt. Desweiteren sind elektronische Geräte wie Handys oder Gameboys jederzeit erlaubt. Es liegt also einzig am Schüler, ob er nun aufpasst und mitschreibt. In Mathematik zum Beispiel bekommen wir meistens Aufgaben, die, wenn wir sie am Ende der Stunde gelöst haben, vom Lehrer mit einem Stempel belohnt werden. Nach einer Klassenarbeit werden die Stempel der letzten Stunden dann zusammengezählt und der Note der Klassenarbeit angerechnet. Somit ist eine Grundmotivation hergestellt, da man am Ende alles nochmal ausgleichen kann, wenn man nur die Stempel hat. Der Anspruch der Fächer variiert und hängt nicht nur vom Lehrer, sondern auch vom Fach an sich ab. In Chemie werden wir damit gequält 40 Seiten über die Energiegewinnung durch Biomasse zu schreiben und in Sport chillen wir größten Teils nur auf den Matten. Wo auf der einen Seite ein niedriges Englisch-Level herrscht, obwohl es seit der Grundschule gelehrt wird, kann mir auf der anderen Seite jeder im Schlaf die Geschichte Chiles rückwärts aufsagen. So schwanke ich zwischen Unter- und Überforderung wie eine schwangere zwischen ihren Gefühlszuständen.
Wie an den meisten Schulen in Chile hat auch meine Schule eine Uniform und generell eine Vorschrift wie man abgesehen von der Uniform auszusehen hat. Gefärbte Haare sind verboten zum Beispiel und mit farbigen Schuhen kommt man auch nicht durchs Tor. Jeden Morgen steht der Direktor mit am Tor und kontrolliert, ob die eintreffenden Schüler auch der Norm entsprechen.

Die Uniform meiner Schule.

 Am ersten Tag nach den Ferien und an sonstigen besonderen Tagen gibt es eine Aufstellung  (nennt man das so?), zu der sich alle Schüler und Lehrer auf dem Hof zusammen finden, der Direktor ein paar Worte sagt und anschließend alle die chilenische Nationalhymne singen, während die Flagge gehisst wird. In der ersten Pause gibt es in der Cafeteria pan  (eine Art flaches Brötchen, welches hier eigentlich ausschließlich gegessen wird) mit entweder Butter, manjar  (süße karamellartige Paste), Avocado, Marmelade oder Käse (jeden Tag nur ein Belag) und Milch oder manchmal auch Kaffee zum Frühstück. Das Mittagessen habe ich noch nie zu Gesicht bekommen, da ich immer Zuhause esse.
So, ich hoffe ich hab soweit nichts vergessen und konnte euch einen kleinen Einblick in meinen chilenischen Schulaltag gewähren. Den Großteil des Gesagten kann ich nur auf meine Schule beziehen, da jede Schule natürlich anders ist und ich nur diese eine besuche.

Ich wünsche euch eine stressfreie Zeit in der Schule und eine besinnliche Weihnachtszeit, falls wir uns davor nicht mehr lesen.

Pauli