Sonntag, 13. September 2015

Von Ärzten und Orchestern

Hey da draußen,

es ist mal wieder Zeit euch ein wenig von den vergangenen Wochen zu berichten.
Vor gut 2-3 Wochen habe ich mich, zusammen mit einer Freundin, mit einem Austauschschüler aus China getroffen, der in Vallenar, also der Nachbarstadt, wohnt. Es tat sehr gut sich über unsere bisherigen Erfahrungen und Probleme auszutauschen. 

Am nächsten Tag wurde ich dann krank. Ich hatte es zuerst als leichten Schnupfen abgetan, da ich unbedingt an den Aktivitäten der Schule anlässlich des Jahrestages teilnehmen wollte. Meine Gastschwester und meine Freunde hatten schon euphorisch davon geschwärmt und ich war schon sehr neugierig. Leider war es nicht nur ein Schnupfen, sondern eine ordentliche Grippe. Den Rest des Wochendendes blieb ich somit im Bett und hoffte hustend auf eine schnelle Gesundung. Meine Gastmama entschied dann, dass ich der Schule für die nächsten fern bleibe und auch der Arzt bestätigte das dann am Dienstag, als er mich bis Ende der Woche krank schrieb - sehr zu meinem Leidwesen. So verbrachte ich die gesamte Woche im Haus und konnte mir Erzählungen von dem anhören, was ich verpasste.
Aber auch der Arztbesuch war eine Erfahrung - dieser kostet hier nämlich ein kleines Vermögen. Auch kam es mir so vor als wäre gerade ganz Vallenar und Umgebung krank und es gäbe nur diesen einen Doktor, was die Wartezeit unendlich lang werden ließ. (Meine Erfahrung ist nebenbei erwähnt nicht auf andere Ärzte in Chile zu übertragen). Endlich im Behandlungsraum wurde mir dann auch klar, wieso. Nach meiner zwei minütigen Untersuchung gab es noch ein 15 minütiges Gespräch über das Befinden der restlichen Familie. Man ist zugewandt und offen. Ich jedenfalls werde jetzt besser auf meine Gesundheit achten und das Tuch bei Wind auch tragen, wenn es nicht zum Outfit passen sollte.
Meine Stimmung hob sich allerdings wieder, als ich erfuhr, dass Fernanda und ich das Wochenende bei unserem Onkel in La Serena, 3 Stunden weiter südlich an der Küste, verbringen werden. Am Abend desselben Tages fuhren wir mit dem - in Chile übrigens super gemütlichen - Fernbus los. Kurz vor Mitternacht wurden wir auch schon mit Sushi und Sacks empfangen und am nächsten Tag machten Fernanda und ich uns auf zur Mall zum shoppen, da Onkel, Tante und Kinder bei einem Asado (grillen) bei Freunden geladen waren. Abends waren wir zwei dann noch im Kino und ich somit das erste Mal in Chile. Am Sonntag waren wir in einem Restaurant am Meer, bevor es dann wieder nach Freirina ging. Mich hat die Wohnsituation unseres Onkels etwas überrascht. Dieser wohnt nämlich in einem großen Haus in einem Viertel, welches durch eine Mauer von der Außenwelt abgetrennt ist. Da ist mir erstmal der finanzielle Unterschied aufgefallen. Mir hat das, was ich bis jetzt von La Serena gesehen habe gut gefallen und ich hoffe, dass wir noch öfter dort sein werden. Auf dem Rückweg konnte ich dann die wunderschöne und abwechslungsreiche Landschaft bewundern, welche ich auf dem Hinweg ja nicht sehen konnte da es schon dunkel war.


Nach diesem kleinen Ausflug ging ich auch wieder in die Schule und außer einem Markt, an dem die Schule teilgenommen hat, meine Kündigung beim Orchester und eine kleine Wanderung durch die Natur ist nicht viel passiert.
                Noch einmal kurz zum Thema Orchester. Ich habe in der ersten Schulwoche das Angebot von meinem Musiklehrer bekommen, in seinem Orchester mitzuwirken. Natürlich willigte ich ein, da ich neue Leute kennenlernen wollte und weiterhin Gitarre praktizieren konnte. Schnell merkte ich jedoch, dass dies einen zu großen Teil meiner Zeit einzunehmen drohte. Dienstag bis Donnerstag direkt nach der Schule von 18 bis 19 Uhr und Freitag 16:30 bis 18 Uhr. Was sich am Anfang als gar nicht so lang anhörte wurde mir schon nach der zweiten Woche zu viel. Gerade in der Anfangszeit ist die Schule sehr anstrengend, da man neben der Sprachbarriere auch versucht sich zu integrieren, den Stoff aufzunehmen, usw. Irgendwie wollte ich mir auch nicht eingestehen, dass es mir schlicht und einfach keinen Spaß machte. Ich wollte nicht nach zwei Wochen schon wieder aufhören, besonders, da es ja auch mein Musiklehrer ist, den ich weiterhin sehen werde. Ich wollte ihn nicht enttäuschen. Anstatt also einfach die Karten auf den Tisch zu legen, so wie es am besten gewesen wäre, fing ich an gar nicht mehr hinzugehen, um der Situation, die sich by the way eh nicht vermeiden lässt, aus dem Weg zu gehen. Natürlich hat das nicht lange funktioniert da mich mein Lehrer logischerweise auf mein Fehlen ansprach, was im Endeffekt viel unangenehmer war, als wenn ich ihm gleich alles gesagt hätte. So fasste ich mir dann am Freitag ein Herz und kündigte. 
Moral von der Geschicht: Trau dich zu sagen, was Sache ist und wenn du es nicht so machst wie ich, ist es auch am Ende nicht so schwer. Mach nichts (besonders nicht während eines Auslandsjahres), was dir keine Freude bereitet, keiner zwingt dich dazu. Generell sollte man versuchen sich überwiegend den Dingen zu widmen, die einen glücklich machen und Probleme so früh wie möglich lösen.

Ich wünsche euch Mut, Altes hinter euch zu lassen und Neuem Platz zu geben.

Pauli